Jomo Gudrun, von Beruf Lehrerin, ist seit 1989 Schülerin von S.H. Chhimed Rigdzin Rinpoche und ist auf Rinpoches Wunsch seine Stellvertreterin. Jomo Gudrun hat Rinpoche viele Jahre auf seinen Reisen begleitet und in dieser Zeit die meisten der heute zur Verfügung stehenden Praxistexte und Belehrungen übersetzt und herausgegeben. Auf Rinpoches Wunsch gibt Sie seit 1997 selbst Belehrungen und wurde von ihm ermächtigt, Einweihungen zu geben. Durch ihre offene und umgängliche Art ermöglicht Gudrun einen direkten Zugang zum Dharma, frei von sprachlichen, hierarchischen und kulturellen Barrieren.
Die grundlegende Lehre des Buddha besagt, dass es Leiden gibt auf der Welt, aber auch dass es einen Weg gibt, der aus diesem Leiden herausführt. Ziel unsere Praxis ist somit in erster Linie, Glück, Freude, Zufriedenheit… für uns selbst und andere zu erreichen.
Meditation mit Herz
Viele der Meditationsanleitungen und Anleitungen für den Alltag, die wir heute praktizieren, beruhen auf Erfahrungen, die Buddha oder spätere verwirklichte Yogis selbst gemacht haben. Mit Hilfe der Methoden, die sie beschreiben, ist es ihnen selbst gelungen, ihrem persönlichen Leid, Unzufriedenheit, Frustration… zu entrinnen und Glückszustände zu erfahren. Wir können also ihre Erfahrungen nutzen und ihre Methoden anwenden, um selbst auch freudvolle Erfahrungen zu machen.
Doch nicht nur die Erfahrungen von Buddha oder ähnlich hoch verwirklichten Menschen können uns inspirieren, auch in unserem direkten Umfeld können wir beobachten, unter welchen Umständen Menschen Glück erfahren. Beobachtet man ein verliebtes Paar, sieht man deutlich, dass in dem Moment, wo die Grenzen zwischen zwei Menschen fallen und Liebe zugelassen wird, Glück erfahren wird. Oder wenn eine Mutter ihr Baby ansieht… jeder kennt solche Momente.
Wir machen uns bewusst, dass wir gute Anlagen besitzen, um ein liebevoller, hilfreicher Mensch zu sein. Ich habe allen Grund, mir selbst gegenüber Respekt zu empfinden. Die Anlagen sind da, ich muss sie nur kultivieren und üben, sie zur Perfektion bringen. Alles, was ich brauche ist bereits in mir enthalten. Ich freue mich auch über die kleinen Dinge, die ich bereits gemeistert habe, ich schätze die guten Qualitäten in mir und werde sie ab heute mehr und mehr verbessern.
Ich mache mir bewusst, dass der Mensch, der neben mir sitzt ebenso wie ich Liebe und Freude erfahren möchte und gleichermaßen gute, liebenswerte Qualitäten besitzt. Auch er hat ausgezeichnete Anlagen und ich wünsche ihm von Herzen, dass er glücklich ist.
So kann ich auf natürliche Weise nach und nach Mitgefühl für mich selbst und andere Wesen entwickeln. Liebe, Mitgefühl, Respekt, Freude, Gleichmut sind Basis unserer Meditation und durch ganz einfache Übungen, wie die oben beschriebene, erfahrbar. Ich beginne bei mir selbst und lerne nach und nach, andere mit einzubeziehen.
Umgekehrt kann ich auch beobachten, wann Menschen Trauer, Unzufriedenheit, Frustration… erfahren und versuchen daraus zu lernen. Die Kommunikation mit den anderen abbrechen, sich ganz auf sein eigenes Leid fixieren, führt sicher eher zu Leid als zu Glück.
In Zeiten, in denen es mir persönlich ziemlich schlecht ging, ermunterte Rinpoche mich immer wieder, auf andere zuzugehen und ihnen etwas zu bringen. Wenn ich das Gefühl hatte, jemand könne mich nicht leiden, bat er mich oft, gerade zu dem/derjenigen hinzugehen und sie etwas zu fragen.
Aus seiner Isolation herauszukommen kostet viel Kraft und Mut, doch lohnt es sich!! Kommunikation mit anderen, statt verbittertes Schweigen, Austausch und Offenheit, statt zugeknöpftes sich verbergen, Annehmen aller Situationen so wie sie sind, statt sich dagegen aufzulehnen,
Anderen zuhören und helfen statt sich im eigenem Leid zu suhlen, vergeben statt vergelten – ihr alle wisst, wie sich die Liste ergänzen ließe.
Das sind keine moralischen Verpflichtungen sondern wirksame Methoden, die zum eigenen Glück führen. Wartet nicht, dass ein anderer den Anfang macht und sich um Euch kümmert, macht selbst den Anfang!
Das gesagte sind für keinen von uns Neuigkeiten. Wir wissen dies alles selbst, aber die Bewusstmachung und Vergegenwärtigung inspiriert uns vielleicht dazu, es heute anzuwenden.
***entnommen dem Khordong Rundbrief Nr.2 / 1999