Jomo Gudrun: Brief an die Sangha 2005

Liebe Freunde,

bei meinem letzten Besuch in Berlin wurde ich fast überwältigt von dem Gefühl, wie wichtig unsere Sangha für mich geworden ist. Auslöser war vielleicht, dass ein paar Leute gekommen sind, die ich seit fast 10 Jahren nicht mehr gesehen hatte und die wohl auch die ganzen Jahre nicht mehr an Veranstaltungen unserer Gruppe teilgenommen hatten. Und doch war es, als wären sie nie weg gewesen. Sie gehörten genauso dazu wie alle anderen die regelmäßig gekommen sind.

In den Belehrungen hatte ich ja schon hundertmal gehört, dass wir bei Einweihungen und Belehrungen, die wir gemeinsam nehmen, besondere Beziehungen eingehen und dass man zu seinen Dharmageschwistern unbedingt gute Beziehung halten soll. Selbst mit den Schülern unserer Lehrer, die wir gar nicht kennen, die aber die gleichen Einweihungen wie wir genommen haben, bestehen diese Verbindungen. Ehrlich gesagt hatte mich das nie wirklich berührt, ich habe mich sogar innerlich dagegen gesträubt, dass ich den zufällig Anwesenden irgendwie verpflichtet oder mit ihnen verbunden sein sollte. Manchmal waren ja sogar Menschen anwesend, die mir nicht gerade symphatisch waren, oder mit denen ich gerade Streit oder Unstimmigkeiten hatte. Ich habe das also einfach ignoriert und mir gesagt, das gilt für mich nicht, ich suche mir meine Freunde selbst aus.

Seit Rinpoches Tod gibt es aber immer wieder Begegnungen, die mir bewusst machen, was für ein großes Geschenk diese Sangha ist. Immer wieder spüre ich, dass wir tatsächlich ganz eng miteinander verbunden sind und dass diese Beziehungen durch nichts zerstört werden können. Wir gehören zusammen und treffen uns  immer wieder, manchmal sogar zufällig wie zum Beispiel beim Besuch des Dalai Lama in Zürich, als plötzlich Sanghamitglieder aus Deutschland, Schweiz und Frankreich sich finden. Oder in Darnkow, wo ich auch  Schüler

Rinpoches treffe, die Rinpoche auf Kursen getroffen haben, die ich nicht begleitet habe. Auch mit diesen ist oft eine sofortige innige Beziehung vorhanden.

Somit wird mir immer deutlicher bewusst, dass wir tatsächlich, ob wir es wollen oder nicht, enger miteinander verbunden sind, als wir es uns jemals träumen liessen. Wie ich in Berlin gesagt habe, „Ich werde euch nicht mehr los und genausowenig werdet ihr mich wieder los.“ Und ich empfinde es nicht mehr als Belastung sonder als riesengrosses Geschenk.

Das allerwichtigste an Sangha ist, dass wir miteinander praktizieren können. Ich genieße die Praxis alleine oder in der kleinen Gruppe, doch oft empfinde ich die Intensität der Praxis, wenn viele von uns zusammen kommen als wirklich überwältigend. Dafür, dass es dazu immer wieder Gelegenheit gibt, möchte ich Euch allen von Herzen danken.

In tiefer Verbundenheit, Eure Gudrun