Ein Gebet durch welches wir
unsere eigenen Fehler erkennen
und die Objekte der Zuflucht erinnern
Ein Geständnis der Missetaten und ein sehr reines
Bestreben um vollständige Klarheit darüber
Was angenommen und was aufgegeben werden sollte
Von Seiner Heiligkeit Dudjom Rinpoche
Hochachtungsvoll begrüßen wir den Guru!
Eroberer Shakyamuni, höchster Führer des Universums in diesem günstigen Zeitalter,
Versammlung der edlen Bodhisattvas, Erben des Eroberers, die ihr die Wesen lehrt,
Verehrter Guru, unübertroffener Beschützer der Wesen in dieser Zeit des Verfalls,
Zusammen mit den drei Wurzeln, den Eidgebundenen und den Beschützern des Dharmas,
Einsgerichtet, mit sehnsüchtiger Hingabe, aus der Tiefe unseres Herzens erinnern wir uns an Euch,
Wieder und wieder und bitten wir um eure Aufmerksamkeit:
Haltet uns mit liebender Güte, und durch die Kraft eures Mitgefühls,
Segnet uns, auf das wir unser Denken und Streben im Einklang mit dem Dharma vollenden.
Aufgrund von früheren Handlungen, welche keinesfalls schwach waren,
erhielten wir diesen kostbaren menschlichen Körper,
Aufgrund von Verdienst, welcher keinesfalls gering war, begegneten wir dem heiligen Dharma,
Vom Guru angenommen, erhielten wir Ermächtigungen, Segnungen und essentielle
Unterweisungen –
Dies sind die Schätze die wir jetzt in den Händen halten!
Dennoch unterliegt unser Geist, wie ein frivoles Äffchen,
Den negativen, trügerischen Dämonen der Ablenkung,
Und wir haben nicht die Fähigkeit den Reichtum, zu nutzen, den wir selbst besitzen.
Daher sind all die Belehrungen über die Freiheiten und Vorzüge einfach
verschwendet.
Wir stehen nun an einem entscheidenden Wendepunkt:
Was wir uns wünschten, was wir erhielten, ist alles zu eine Art Märchen geworden;
Obwohl unsere Körper in der Haltung des Dharma erscheinen und wir uns für
Dharmapraktizierende halten,
Hat unser Geist die Wahrheit des Dharmas nicht verwirklicht.
Ohne das Wissen von auch nur einem Hauch menschlicher Werte, ganz zu schweigen von der Sicht des Buddhadharma,
Und mit nur ungenauer Kenntnis der sechzehn Regeln des rechten menschlichen Verhaltens,
Betrachten wir unsere schlechten Taten gewissenlos,
Und unsere Scham ist geringer als das Hinterteil einer schwanzlosen Maus.
Völlig unfähig die zehn tugendhaften Handlungen des Buddhadharmas zu verstehen,
Erfüllt von sektiererischen Vorurteilen, obwohl alle Lehren von einem Lehrer stammen,
Kritisieren wir die Lehren und die Weisen und sammeln so schlechtes Karma an,
Daher, obwohl wir uns auf den Dharma stützen, lastet schwere Sünde auf uns.
Wir hören viele Belehrungen, und unser Stolz nimmt zu,
Doch unsere geistige Analyse erfasst nicht die Tiefe ihrer Bedeutung.
Obwohl wir meinen die Disziplin der Pratimokscha zu halten,
Sind die vier Dharmas eines Praktizierenden spurlos verschwunden.
Obwohl wir meinen das kostbare Training eines Bodhisattvas zu besitzen,
Sind die vier unermesslichen Tugenden nur wie das Bild einer Lampe.
Obwohl wir meinen die Gelübde des geheimen Mantrayana zu halten,
Verhinderten wir nicht die erste Haupt Verfehlung, und daher wird auch der Rest
nach und nach weggeworfen.
Obwohl wir uns darauf verstehen über die vier grundlegenden Gedanken die den Geist zur Umkehr bewegen zu sprechen,
Zeigt unsere Anhaftung an die Erscheinungen dieses Lebens, dass keine wirkliche Entsagung statt gefunden hat.
Obwohl wir uns auf einen Guru stützen, nimmt unser Respekt und unsere Hingabe immer
weiter ab.
Und anstatt eine reine Wahrnehmung zu haben, betrachten wir uns ihm gleichgestellt und entwickeln so falsche Sichtweisen.
Respekt, Liebe und Freundlichkeit gegenüber unseren Vajrageschwistern nehmen ab;
Unfähig ein paar harte Worte von ihnen zu ertragen, überhäufen wir sie mit Flüchen.
Die Liebe und das Mitgefühl das erzeugt wird indem wir alle Wesen der sechs
Daseinsbereiche als unsere Eltern erkennen,
Schwindet wie Nebel wenn wir nicht aus der Tiefe des Bodhicitta heraus praktizieren.
Wir handeln als ob wir die Entwicklungs- und Vollendungsstufe schon erfahren hätten.
Aber wir haben noch keine Alternative dazu gefunden, als in gewöhnlicher Verwirrung zu
versinken.
Wir erkennen dass Leerheit die ultimative Belehrung von Sutra und Tantra ist,
Aber ohne ein entschlossenes Verständnis hiervon, wird unser Geiststrom hart wie Hörner.
Wir sind nicht in der Lage in der ursprünglichen Natur zu verweilen,
aber geben Lippenbekenntnisse zu dieser Sichtweise ab, und schlagen dabei Ursache und Wirkung in den Wind.
Äußerlich erscheinen wir diszipliniert und sittsam, doch innerlich brennen Anhaftung, Verlangen, Lust und Gier wie Feuer.
Selbst wenn wir unsere Körper abgeschieden in den Bergen halten,
streunt unser Geist, unaufhörlich, Tag und Nacht, in den Städten herum.
Ohne dass wir selbst Vertrauen in unsere Erfahrung und Praxis erreicht haben,
zu versuchen andere zur Vollendung zu führen, ist ein Märchen.
Es ist unmöglich durch das Mitgefühl der drei Juwelen getäuscht zu werden,
Doch durch Fehler in der Hingabe, zweifeln wir und betrügen uns selbst.
Auf diese Weise, im Hinblick auf den Guru und den heiligen Dharma,
Obwohl wir frei von den falschen Ansichten sind, die durch mangelndes Vertrauen entstehen,
Handeln in diesen schwierigen Zeiten, die fühlenden Wesen negativ und verbleiben unerfüllt.
Verständnis und Realisierung sind der Macht destruktiver Impulse erlegen;
Achtsamkeit und Einsicht wurden nicht beschützt, wir haben einen schweren Verlust erlitten.
Die Zeit ist gekommen uns selbst zu prüfen!
All unser Handeln hat unsere Verwirrung nur erhöht,
All unser Denken war von störenden Gefühlen gefärbt;
Ohne die Einsicht, dass sogar unsere tugendhaften Handlungen immer von Sünde verfälscht waren,
Wo werden wir letztendlich enden, wenn nicht in den niederen Bereichen?
In Anbetracht unserer Taten und Verhaltensmuster,
erinnern wir uns jetzt an sie und werden verzweifelt,
Schauen wir auf Andere, nimmt unsere Traurigkeit nur zu,
Da wir keinen segensreichen Freund finden können, der unseren Kummer beseitigt.
Wenn wir jetzt nicht auf uns aufpassen,
Wird, wenn die Boten des Todes uns einfangen,
Uns niemand mehr helfen können und alle Hoffnung wird verloren sein,
In solch unerfüllten Hoffnungen auszuharren , ist dies nicht Selbstbetrug?
Daher, indem wir bedauernd und bereuend, unsere Fehler erkennen,
Welche Übertretungen, Fehler, Niedergänge und Entartungen des Dharma auch immer
geschehen sind,
Werden wir weder jetzt verheimlichen, noch in Zukunft verbergen, vor denen, die das Auge der Weisheit besitzen.
Wir bekennen unsere Sünden aus tiefstem Herzen: Mit Deinem Mitgefühl, bitte verzeih uns.
Bewahre uns vor dem schrecklichen Abgrund des falschen Pfades;
Inspiriere uns, auf dass wir dem vollkommen reinen Pfad der Befreiung folgen.
Wir haben ein Leben lang dieses getan und jenes erreicht,
Dennoch stehen wir mit leeren Händen da, ohne auch nur ein einziges Resultat.
Wenn wir nun den Weg verlassen auf dem wir zwar vieles wissen, aber nur Leid erfahren,
Warum nicht den Weg beschreiten auf dem wir das Eine wissen das alles befreit?
Unfehlbarer, großer Wohltäter, unsere einzige Hoffnung und Stütze,
Wurzelguru, der alle Zufluchten vereint,
Wenn wir mit einsgerichteter Hingabe zu Dir beten,
Gütigste, verehrteste, höchste Zuflucht, bitte halte uns mit deinem Mitgefühl.
Segne uns, damit wir unsere Fehler erkennen.
Segne uns, damit wir nicht den Wunsch haben, die Fehler anderer zu untersuchen.
Segne uns, damit alle aufwühlenden, unbarmherzigen und beunruhigenden Gedanken befriedet werden.
Segne uns, damit gute Gedanken aus dem tiefsten Inneren entspringen.
Segne uns, damit Verlangen sich mindert und Zufriedenheit wächst.
Segne uns, damit wir uns erinnern, dass der Zeitpunkt des Todes ungewiss ist.
Segne uns, damit wir zum Zeitpunkt des Todes sorgenfrei sind.
Segne uns, damit wir starkes Vertrauen in den Dharma erzeugen.
Segne uns, damit wir unvoreingenommene, reine Wahrnehmung üben.
Segne uns, damit wir unersonnenen Respekt und Hingabe entwickeln.
Segne uns, damit geistige Aktivität über unerreichbare Dinge gemindert wird.
Segne uns, damit der Dharma sich tief in unserem Geist festsetzt.
Segne uns, damit wir mit Fleiß zur Tiefe der Dharmapraxis vordringen.
Segne uns, damit unser Geiststrom befreit wird, welches das letztendliche Ziel der Praxis ist.
Segne uns, damit wir frei sind von Hindernissen in unserer Praxis.
Segne uns, damit die Ergebnisse unserer Praxis augenblicklich heranreifen.
Segne uns, damit unsere Begegnungen mit anderen sinnvoll und förderlich sind.
Segne uns, damit die Dualität von Hoffnung und Furcht zerstört wird.
Segne uns, damit wir die nichtduale ursprüngliche Weisheit erblicken.
Segne uns, damit wir das Selbst-Gesicht unserer eigenen ursprünglichen Weisheit erkennen.
Segne uns, damit wir in dem sicheren Platz in uns Selbst verweilen.
Segne uns, damit wir anstrengungslos große Gewissheit erlangen.
Mit der unermesslichen, Vajra Waffe der ursprünglichen Weisheit, die seit Anbeginn der Zeit gegenwärtig ist,
Möge die hohle Existenz von Samsara und Nirvana in einem Augenblick abgeschnitten werden.
In der endlosen großen Freude von Nyema`s Feier,
Mögen wir immer die Aktivität, welche jenseits von Vereinigung und Getrenntsein ist, genießen
In der Weite der alles durchdringenden Gleichheit, existiert nicht einmal das Wort Leiden,
Wer also könnte dort noch immer Glück suchen?
Wo Glück und Leiden von einem Geschmack sind und Greifen selbstbefreiend ist,
Ist das Königreich von Samantabhadra: Mögen wir es in diesem Leben erreichen!
Kolophon
Diese Arbeit betrachtend, welche eine Mischung aus Gebet, Bekennen von Verfehlungen und Aspiration ist, eines Nachts während des zunehmenden Mondes im zehnten Monat des Wasser-Schwein-Jahres, hatte meine Frau, Sherab Ma Rigdzin Wangmo, einen Traum in dem ein Mädchen erschien, welches schon in ihren früheren Träumen gewesen ist. Das Mädchen sagte: “Du solltest Rinpoche jetzt fragen ein Gebet zu schreiben“. Dann ging sie.
Überdies, später, in der Nacht des zehnten Tages desselben Monats, erschien dasselbe Mädchen noch einmal und sagte zu meiner Frau:“ Du musst umgehend helfen Rinpoche zu bitten ein Gebet zu verfassen“. Dann verschwand sie.
Ich wurde von dem Traum am nächsten Morgen unterrichtet, doch sagte ich:“ Es gibt ohnehin kaum Menschen, die die Vielzahl der Gebete rezitieren können, die schon existieren“. Meine Frau bat mich schnell ein Gebet zu schreiben ohne Rücksicht auf seine Länge. Da es scheinbar einen Bedarf gab, für ein Gebet zum Schutze von Angst vor Krankheit, Hunger, Waffen und Krieg, die in der heutigen Zeit weit verbreitet sind, hatte ich die Idee eines zu schreiben. Doch es blieb bei dem Vorhaben, da sich andere Dinge ereigneten und es auch nicht sehr dringend schien.
Am Abend des zehnten Tages des elften Monats jedoch, erschien das Mädchen erneut im Traum meiner Frau und sagte: “Meine Bitte für ein Gebet ist nicht etwas von kleiner Bedeutung. Es ist eine große Notwendigkeit“. Als ich von diesem Traum also hörte, kam mir am Morgen des fünfzehnten Tages jenes Monats die Idee etwas zu schreiben.
Dann, am Abend des vierzehnten Tages des nächsten Monats betete ich einsgerichtet zu Guru Rinpoche um einen sehr bedeutungsvollen Segen.
Beim Hahnenschrei am folgenden Morgen hatte ich einen Traum in dem ich in einem Gebäude saß das einem Tempel glich. Plötzlich erschien eine weißer Mann, jung, ganz in weiß gekleidet, mit langen fließenden Locken. Er spielte leise Zimbeln und tanzte den im uhrzeigersinn, spiralförmigen Tanz der Ging, während er durch die Tür, und immer weiter auf mich zu kam und diese Worte sang:
Willst Du den Dharma etablieren, dann pflanze ihn in dein Herz;
Wenn er tief in deinem Herzen ist, wirst Du Buddhaschaft erlangen.
Wenn Du das Buddhaland erreichen möchtest, dann reinige Verwirrung;
Glücklich, das Buddhaland ist Dir sehr nah.
Entwickle Ausdauer in der Praxis der Essenz der Lehren,
Wenn Du sie nicht übst, wer wird Verwirklichung erreichen?
Es ist schwer die schlimmsten der eigenen Fehler anzuschauen;
Die eigenen Fehler wirklich zu sehen ist der Hauptpunkt der Dharmapraxis.
Korrigiere deine Fehler schrittweise und steigere die Entwicklung deiner
guten Qualitäten.
Am Ende jeder Zeile spielte er die Zimbeln lauter und am Ende entfernte er sich während er sehr laut spielte und davon erwachte ich. Gleich nach dem Erwachen erinnerte ich mich an seine Worte und ich wusste, dass ihre Bedeutung darin lag zu wissen, was anzunehmen sei und was aufzugeben ist.
Dann, mit Bedauern darüber, meinen einzigen Vater, Guru Padamasambhava, direkt vor mir gesehen zu haben ohne ihn zu erkennen, schrieb mit, sehnsuchtsvoller Hingabe, dieser alte Vater des Nyingma, Jigdral Yeshe Dorje, dies in Übereinstimmung mit seiner Erfahrung.
Möge es von Nutzen sein!
Den Nutzen an Alle!